Bayr. Staatszeitung von F.J. Bröder

Eine "Hall of Fame" für die fränkische Kunst
Das Konzept steht: Nürnbergs Kulturausschuss bekennt sich einstimmig zu einer "Fränkischen Galerie"

Der Stallgeruch der Provinz haftet der Kunst fränkischer Provenienz an - ob die fränkischen Künstler das wahrhaben wollen oder nicht. Zu Unrecht, wie die Künstler meinen, für die die nordbayerische Metropole Nürnberg immer noch Zentrum und Umschlagplatz der fränkischen Kunstszene ist, auch wenn es dort bis jetzt noch gar kein Zentrum fränkischer Kunst gibt, wo sich die Kunst und die Künstler aus und in Franken darstellen und ausstellen könnten. Mit einer "Fränkischen Galerie" soll das jetzt anders werden: der Kulturausschuss der Stadt Nürnberg bekannte sich in seiner letzten Sitzung in diesem Jahr einstimmig zu einer "Fränkischen Galerie" - die allerdings noch in den Sternen steht. Denn zwar ist alles da, was ein Museum für fränkische Kunst ausmacht: die Künstler, die Kunstwerke, ein soeben aus der Taufe gehobenes Museum im Modell nebst Standort - nur eines nicht: das Geld. Doch in Zeiten knapper kommunaler Kassen, meinte Nürnbergs Oberbürgermeister Uli Maly, sollte man sich das "Denken nicht verbieten" lassen - und kreierte als vorerst virtuelles Museum eine "Hall of Fame fränkischer Kunst", in der sich einst versammeIn soll, was fränkische Künstler des 20. Jahrhunderts vor allem in der Nachkriegszeit zustande gebracht haben und was sich heute immer noch sehen lassen kann. Das ist zumindest quantitativ nicht wenig, denn allein in den Depots der städtischen Sammlungen lagern jetzt schon mehr als 600 Werke fränkischer Kunst; eine Reihe renommierter älterer Nürnberger Künstler hat in Aussicht gestellt, ihren Nachlass noch zu Lebzeiten einer "Fränkischen Galerie" zu schenken; private Sammler fränkischer Kunst wären bereit, ihre Sammlungen einer "Fränkischen Galerie" als Dauerleihgabe zu überlassen oder gar zu stiften; und die soeben zu Ende gegangene Ausstellung "Wunschbilder" im Nürnberger Kunsthaus, wo Mäzene, Stifter, Spender und Sponsoren Kunstwerke fränkischer Künstler für die geplante "Fränkische Galerie" kaufen und dieser dann stiften konnten, fand mit Ankäufen im Wert von 250 000 Euro ein überwältigendes Echo.

Unter solchen Auspizien packte der Leiter der Städtischen Museen, Franz Sonnenberger, der schon mit dem "NS-Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände" bewiesen hatte, dass man Visionen mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft durchsetzen kann, die Gelegenheit beim Schopf: er trommelte für seine Idee einer "Fränkischen Galerie" ein hochkarätig besetztes Kuratorium zusammen, dem neben dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein die neue Bundesfamilienministerin Renate Schmidt, der ehemalige Bundesbauminister Oscar Schneider, der Nürnberger Altoberbürgermeister Peter Schönlein, der Verleger der Nürnberger Nachrichten Bruno Schnell und andere "öffentliche" Persönlichkeiten angehören. Und Sonnenberger, der sich selbst als unbelehrbares "Museumsfrontschwein" tituliert, stellte zudem seine einst als "Wolkenkuckuckskunstheim" geschmähte "Fränkische Galerie" vom Kopf auf die Füße und zauberte zur Überraschung einer verblüfften Kunstöffentlichkeit nicht nur einen bestens geeigneten Standort, sondern auch ein überzeugendes Architekturmodell einer "Fränkischen Galerie" aus dem Hut.

Dem solcherart zwar von hinten aufgezäumten, aber bereits in Bewegung gesetzten Museum fränkischer Kunst fehlt nur noch der zahlende Reiter; aber wenn erst mal die so unter Zugzwang gesetzten Liebhaber und Mäzene fränkischer Kunst und Künstler in die bereits geöffneten Taschen gegriffen haben und die ersten Millionen herausholen, so hofft Sonnenberger, kommen die Stadt und der Freistaat nicht mehr darum herum, die "Fränkische Galerie" - womöglich als von privater Hand vorfinanziertes Leasing-Modell - in Betrieb zu nehmen. Der von Sonnenberger avisierte und favorisierte Standort scheint ebenso ideal zu sein wie das Museum als Modell überzeugt. Im Nürnberger Stadtosten ist mit dem seit Jahren seine Bestände ausweitenden Museum Industriekultur (mit an die 100.000 Besuchern pro Jahr) und der Off-Theaterbühne "Tafelhalle" in einer aufgelassenen Jahrhundertwendefabrik, dem "Tafelwerk", bereits ein Kulturzentrum entstanden, dem bislang nur noch eine architektonische Attraktion als Zugpferd und optisches Aushängeschild fehlte.

Das Konzept lieferte jetzt das Münchner Architekturbüro Ambos + Weidenhammer mit einem Entwurf, der das unscheinbar und etwas abseits der Ausfallstraße liegende Museum Industriekultur mit seinen geduckten Fabrikhallen buchstäblich überhöht und optisch an die Sulzbacher Straße anbindet. Die quer zum bestehenden Industriekulturmuseum liegende neue Ausstellungshalle, einer über den Fahrbahnen liegenden Autobahnraststätte wie sie einst modisch war, nicht unähnlich, überwölbt gleichsam freischwebend die niedrigen Museumshallen und öffnet sich - hoch über dem zur Pegnitz hin abfallenden Gelände - mit 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und wunderbaren Ausblicken zur Talaue hin nach Süden.

Etwa zwei Drittel des Raumes stünden für die Dauerausstellungen fränkischer Kunst, vor allem der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Verfügung, im verbleibenden Drittel könnten Wechselausstellungen die Besucher aus ganz Franken anlocken. Darunter lägen ein Vortragssaal, die Depots und eine Eingangshalle, in der für die drei Spielorte - die neue Fränkische Galerie, das Museum Industriekultur und das Theater - ein Kosten und Personal sparendes gemeinsames Kassen- und Servicebüro nebst den längst überfälligen neuen Toiletten untergebracht werden könnten. Dazu Cafe und Restaurant über einer dringend benötigten Tiefgarage für die "Kulturparker", deren Parknot seit Jahren zu Problemen mit den Anliegern im angrenzenden vornehmen Prominenten-Wohnviertel Erlenstegen führt.

Alles in allem ein beeindruckend stimmiges Konzept für eine "Ruhmeshalle der fränkischen Kunst", die in einem so modernen Museum ihr Licht nicht länger mehr unter den Scheffel einer vorverurteilenden Provinzialität stellen müsste, sondern mit ihren verborgenen, in Depots, Ateliers und Sammlungen schlummernden Pfunden wuchern könnte.